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Definition und Anwendung des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes

Abbildung eines Richterhammers
Ein wichtiges Gesetz - mit vielen Zielen

Definition und Ziele

Was ist das BFSG?

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) ist eine deutsche Gesetzesinitiative, die darauf abzielt, den Zugang zu digitalen Informationen und Dienstleistungen für Menschen mit Behinderungen zu verbessern. Es handelt sich um eine Ergänzung zur ursprünglichen Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0) und stellt einen Meilenstein in der Gesetzgebung zur Barrierefreiheit dar, der am 26. Mai 2022 in Kraft trat (Custom Interactions). Ziel ist es, die Gleichberechtigung im digitalen Raum zu fördern, indem Webseiten und mobile Anwendungen barrierefrei gestaltet werden.

Das Gesetz umfasst spezifische Kriterien und Anforderungen, denen Organisationen bezüglich der Barrierefreiheit nachkommen müssen. Dazu gehören Verpflichtungen wie die Erstellung von Barrierefreiheitserklärungen, die Gewährleistung der Zugänglichkeit von Webseiten und mobilen Apps sowie die Bereitstellung von Kontaktdaten, über die Nutzer Zugänglichkeitsprobleme melden können (Eye-able).

Ziele der Barrierefreiheit

Die Ziele der Barrierefreiheit im Rahmen des BFSG sind vielfältig und zielen darauf ab, eine inklusive und benutzerfreundliche Umgebung für Menschen mit Behinderungen zu schaffen, sowohl im physischen als auch im digitalen Bereich. Zentral ist dabei die Einbeziehung von Menschen mit Behinderungen in Entscheidungsprozesse, die mit Barrierefreiheit zusammenhängen. Dies gilt als entscheidender Schritt, um sicherzustellen, dass die Bedürfnisse und Perspektiven der Betroffenen bei der Entwicklung von zugänglichen Produkten und Dienstleistungen berücksichtigt und adressiert werden.

Die konkreten Ziele des BFSG lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  • Gewährleistung des gleichberechtigten Zugangs zu digitalen Ressourcen für alle Menschen, unabhängig von ihren körperlichen oder sensorischen Fähigkeiten.
  • Förderung der technologischen Entwicklung und Innovation, um Barrieren zu überwinden und inklusive Lösungen anzubieten.
  • Schaffung von Bewusstsein und Verständnis für die Wichtigkeit der Barrierefreiheit in der Gesellschaft und im Unternehmensumfeld.

Durch die Umsetzung des BFSG wird ein wichtiger Schritt in Richtung einer inklusiveren Gesellschaft gemacht, in der die digitale Teilhabe aller Menschen gewährleistet ist. Weitere Informationen über die Bedeutung des Gesetzes für Unternehmen und wie diese sich darauf vorbereiten können, finden Sie in unserem Artikel Barrierefreiheitsstärkungsgesetz: Revolution oder Belastung für Unternehmen? und Barrierefreiheitsstärkungsgesetz im Unternehmen: Tipps zur erfolgreichen Umsetzung.

Eine Barriere steht im Weg

Geltungsbereich und Verpflichtungen

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) ist ein entscheidender Schritt zur Verbesserung der Zugänglichkeit digitaler Dienste und Anwendungen für Menschen mit Behinderungen. Hier wird untersucht, wer von diesem Gesetz betroffen ist und welche Fristen für die Umsetzung der Anforderungen gelten.

Wer ist betroffen?

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz richtet sich an eine breite Palette von Akteuren, insbesondere im öffentlichen Sektor. Webseiten und mobile Anwendungen von öffentlichen Stellen müssen nach diesem Gesetz von September 2023 an barrierefrei sein. Dies umfasst Bundesbehörden und die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung, die ihre digitalen Angebote gemäß den Vorgaben zugänglich machen müssen.

Das Gesetz schreibt vor, dass verschiedene Produkte und Dienstleistungen so gestaltet werden müssen, dass sie von Menschen mit Behinderungen oder eingeschränkter Mobilität genutzt werden können. Dazu gehören nicht nur digitale Angebote, sondern auch physische Produkte wie Automaten oder Bankdienstleistungen.

Zeitplan für die Umsetzung

Die Umsetzung des BFSG ist an konkrete Fristen gebunden. Die Webseite der öffentlichen Stellen mussten ab September 2023 barrierefrei sein, während mobile Anwendungen bereits ab September 2022 diesen Anforderungen entsprechen mussten. Für private Unternehmen gibt das Gesetz den Zeitrahmen bis 2025 vor, um ihre digitalen Angebote entsprechend zu optimieren.

InstitutionFrist für Barrierefreiheit
Öffentliche Stellen (Webseiten)Ab September 2023
Öffentliche Stellen (Mobile Anwendungen)Ab September 2022
Private UnternehmenBis 2025

Die fristgerechte Umsetzung erfordert sorgfältige Planung und Ressourcen. Unternehmen sollten sich daher frühzeitig mit den Anforderungen des BFSG auseinandersetzen und entsprechende Maßnahmen einleiten. Weitere Informationen zur praktischen Umsetzung im Unternehmen finden Sie in unserem Artikel Barrierefreiheitsstärkungsgesetz im Unternehmen: Tipps zur erfolgreichen Umsetzung.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz eine wichtige Rolle für die Zugänglichkeit digitaler Angebote spielt. Die Verpflichtungen und Fristen, die es vorgibt, sollen sicherstellen, dass alle Menschen, unabhängig von ihren Fähigkeiten, gleichberechtigten Zugang zu Dienstleistungen und Informationen erhalten.

Technische Anforderungen

Die technischen Anforderungen des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes (BFSG) sind entscheidend, um die Zugänglichkeit von digitalen Angeboten sicherzustellen. Hier werden die Standards und Richtlinien erläutert, die für Webinhalte und mobile Anwendungen gelten.

WCAG 2.1 Standards

Die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 2.1 sind der goldene Standard für die Zugänglichkeit im Web. Gemäß des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes müssen Websites diesen Richtlinien entsprechen, um als barrierefrei zu gelten. Die Anforderungen umfassen, dass Inhalte wahrnehmbar, bedienbar, verständlich und robust sein müssen, um von Menschen mit Behinderungen genutzt werden zu können.

Die WCAG 2.1-Richtlinien sind in drei Konformitätsstufen unterteilt: A (niedrigste), AA und AAA (höchste). Für öffentliche Einrichtungen ist mindestens die Konformitätsstufe AA erforderlich. Diese Richtlinien beinhalten unter anderem:

  • Textalternativen für nicht-textuelle Inhalte
  • Untertitel für audiovisuelle Inhalte
  • Einfache Navigation und Orientierungshilfen
  • Unterstützung für alle Formen der Eingabe, einschließlich Tastatur und Sprachbefehle

Verpflichtungen für mobile Anwendungen

Neben den Webinhalten müssen auch mobile Anwendungen gemäß dem harmonisierten Standard EN 301 549 V3.1.1 barrierefrei gestaltet werden, um den Anforderungen des BFSG zu genügen. Dies bezieht sich auf alle Aspekte der mobilen Anwendung – von der Benutzeroberfläche bis hin zu interaktiven Funktionen und strukturellen Elementen.

Die technischen Spezifikationen für barrierefreies Design beinhalten, dass mobile Anwendungen:

  • Kompatibel mit Bildschirmleseprogrammen sein müssen
  • Navigierbar per Tastatur und Touch-Eingaben sein sollen
  • Textgröße und Farbkontraste anpassbar bieten sollen
  • Unterstützung für Assistenztechnologien wie Sprachsteuerung und alternative Eingabemethoden bieten müssen

Für die Umsetzung dieser Anforderungen in Unternehmen ist es entscheidend, die vorhandenen digitalen Angebote anzupassen und ein Bewusstsein für die Bedeutung der Barrierefreiheit zu schaffen. Weitere Informationen zur Implementierung finden Sie in unserem Artikel Barrierefreiheitsstärkungsgesetz im Unternehmen: Tipps zur erfolgreichen Umsetzung.

Die Einhaltung dieser technischen Anforderungen ist nicht nur eine gesetzliche Verpflichtung, sondern auch ein Schritt in Richtung einer inklusiveren Gesellschaft, in der jeder ungehindert auf Informationen und Dienstleistungen zugreifen kann. Um mehr über die Möglichkeiten der Automatisierung im Einklang mit dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz zu erfahren, lesen Sie unseren Artikel Automatisierung im Einklang mit dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz.

Umsetzung in Unternehmen

Die Implementierung des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes (BFSG) stellt Unternehmen vor die Aufgabe, ihre digitalen Angebote zu optimieren und das Bewusstsein für Barrierefreiheit zu schärfen.

Anpassungen digitaler Angebote

Unternehmen sind gemäß BFSG dazu verpflichtet, ihre digitalen Inhalte und Dienstleistungen barrierefrei zu gestalten. Hierbei geht es um mehr als nur die Einhaltung technischer Standards; es geht um die Schaffung eines inklusiven Online-Umfelds, das allen Nutzern gerecht wird.

Die Umsetzung erfordert regelmäßige Zugänglichkeitsaudits, bei denen digitale Angebote auf Barrierefreiheit geprüft und etwaige Mängel behoben werden. Zudem müssen Unternehmen die Barrierefreiheit fortlaufend überwachen und verbessern (Top 5 Accessibility).

Um die Anforderungen zu erfüllen, sollten Unternehmen folgende Schritte in Betracht ziehen:

  1. Analyse und Bewertung bestehender digitaler Angebote hinsichtlich ihrer Barrierefreiheit.
  2. Durchführung von Anpassungen, um den WCAG 2.1 Standards zu entsprechen.
  3. Etablierung kontinuierlicher Prüfprozesse zur Sicherstellung und Verbesserung der Zugänglichkeit.

Eine Anleitung zur erfolgreichen Umsetzung in Unternehmen finden Sie im Artikel Barrierefreiheitsstärkungsgesetz im Unternehmen: Tipps zur erfolgreichen Umsetzung.

Schulung und Bewusstseinsschaffung

Die erfolgreiche Implementierung des BFSG erfordert nicht nur technische Anpassungen, sondern auch eine Sensibilisierung und Schulung der Mitarbeiter. Durch entsprechende Bildungsmaßnahmen kann ein tiefgreifendes Verständnis für die Bedeutung von Barrierefreiheit und die damit verbundenen gesetzlichen Verpflichtungen entwickelt werden.

Wichtige Aspekte der Schulungen sollten sein:

  • Grundprinzipien der Barrierefreiheit und deren Bedeutung für Menschen mit Behinderungen.
  • Gesetzliche Anforderungen des BFSG und die damit einhergehenden Verantwortlichkeiten.
  • Praktische Anleitungen zur Erstellung und Überprüfung barrierefreier Inhalte.

Für weiterführende Informationen über die Schulung und Bewusstseinsschaffung im Kontext des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes besuchen Sie Automatisierung im Einklang mit dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz.

Durch die Kombination von technischen Anpassungen und der Schulung von Mitarbeitern schaffen Unternehmen eine solide Grundlage für die Einhaltung des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes und tragen zu einer inklusiveren Gesellschaft bei.

Mitarbeiter im Schulungsraum

Rechtliche Rahmenbedingungen

Die rechtlichen Rahmenbedingungen des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes (BFSG) sind wesentlich für Unternehmen, die sich an die neuen Vorgaben anpassen müssen. Dabei spielen Sanktionen bei Nichteinhaltung sowie die Förderung von Best Practices eine entscheidende Rolle.

Sanktionen bei Nichteinhaltung

Das BFSG sieht vor, dass Behörden die Einhaltung der Barrierefreiheitsstandards sicherstellen und bei Verletzungen Geldbußen verhängen können. Die Sanktionen sind ein Mittel, um eine umfassende und effektive Implementierung der Richtlinien des Europäischen Barrierefreiheitsakts (EAA) in Deutschland zu gewährleisten. Bei Nichteinhaltung der Vorgaben des EAA können in Deutschland Geldstrafen von bis zu 50.000 EUR anfallen. Diese Maßnahmen sind darauf ausgerichtet, die Bedeutung des Gesetzes zu unterstreichen und eine konsequente Umsetzung der Barrierefreiheit zu fördern (Taylor Wessing).

VerstoßMögliche Geldstrafe
Leichte VerstößeBis zu 10.000 EUR
Schwere VerstößeBis zu 50.000 EUR

Förderung von Best Practices

Das BFSG verpflichtet sowohl den privaten als auch den öffentlichen Sektor in Deutschland, die Barrierefreiheit von Produkten und Dienstleistungen zu erhöhen. Dabei unterstützt das Gesetz die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung, empfiehlt die Verwendung offener Standards und die Anwendung spezifischer Technologien (Taylor Wessing).

Ein Überwachungsmechanismus im BFSG stellt sicher, dass die Anbieter von Diensten und Produkten die Barrierefreiheitsanforderungen ordnungsgemäß umsetzen. Zuwiderhandlungen können mit Geldstrafen geahndet werden. Die Einhaltung des BFSG ist sowohl für öffentliche als auch private Bauprojekte in Deutschland verpflichtend, was bedeutende Geldstrafen bei Nichteinhaltung zur Folge haben kann. Dies macht das Gesetz zu einer entscheidenden Vorschrift, die Architekten, Bauherren und Entwickler verstehen und befolgen müssen.

Die Förderung von Best Practices beinhaltet auch die Empfehlung zur Nutzung von Automatisierung und Technologie, um die Barrierefreiheit zu erhöhen. Die Macht der KI: Wie Algorithmen das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz transformieren und Effiziente Automatisierung mit KI für das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz sind Beispiele dafür, wie Unternehmen durch innovative Lösungen die Anforderungen des Gesetzes erfüllen können.

Zusammenfassend ist das Verständnis der rechtlichen Rahmenbedingungen des BfStG entscheidend für Entscheidungsträger in Unternehmen. Die Beachtung der Sanktionen und die Umsetzung von Best Practices sind nicht nur aus rechtlicher Sicht notwendig, sondern auch Teil der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen, Barrierefreiheit zu fördern und zu gewährleisten.

Ausblick und Entwicklungen

Der Weg hin zu einer barrierefreien digitalen Welt ist ein fortlaufender Prozess. Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) bildet hierfür einen entscheidenden rechtlichen Rahmen in Deutschland. Mit Blick auf die Zukunft sind insbesondere die Übergangsfristen und die Rolle künstlicher Intelligenz (KI) von Bedeutung.

Übergangsfristen und Prüfverfahren

Eine Übergangsfrist ermöglicht es Organisationen, sich bis zum 27. Mai 2025 an die Anforderungen des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes anzupassen. Dies gewährt Unternehmen Zeit, ihre digitalen Dienste so zu gestalten, dass sie den erforderlichen Zugänglichkeitsstandards entsprechen. Der gesetzliche Zeitplan für die Umsetzung sieht vor, dass öffentliche Einrichtungen ihre Websites und mobilen Anwendungen den Vorgaben entsprechend anpassen. Für private Sektoren wird empfohlen, die gleichen Richtlinien zu befolgen, um Inklusivität und Zugänglichkeit für alle Nutzer zu gewährleisten, einschließlich Personen mit Behinderungen.

Das BFSG schreibt eine Überwachungsmechanik vor, um die ordnungsgemäße Implementierung der Barrierefreiheitsanforderungen durch Dienstleister sicherzustellen. Nicht-Einhaltung kann mit Bußgeldern geahndet werden. Unternehmen sollten diesen Prozess ernst nehmen und regelmäßige Barrierefreiheitsaudits durchführen, um die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen zu gewährleisten.

Die Rolle von KI in der Barrierefreiheit

KI-Technologien bergen das Potential, die Barrierefreiheit signifikant voranzutreiben. Algorithmen und automatisierte Systeme können dabei helfen, digitale Inhalte für Menschen mit unterschiedlichsten Bedürfnissen zugänglich zu machen. Beispielsweise kann KI genutzt werden, um Texte in Echtzeit in Gebärdensprache zu übersetzen oder um barrierefreie Navigation auf Webseiten zu ermöglichen.

Die Innovation durch KI zeigt, dass maschinelles Lernen und kognitives Computing dazu beitragen können, Hindernisse zu erkennen und Anpassungen vorzunehmen, die eine breitere Nutzerbasis ansprechen. So ist es denkbar, dass KI-Systeme in Zukunft automatisch die Einhaltung von Barrierefreiheitsstandards überwachen und Optimierungsvorschläge liefern.

Zugleich ist es wichtig, die KI-Ethik im Rahmen der Barrierefreiheit zu berücksichtigen. Verantwortungsvolle Anwendung und Transparenz in der Entwicklung und Implementierung von KI-Systemen sind entscheidend, um Vertrauen aufzubauen und sicherzustellen, dass diese Technologien zum Wohle aller eingesetzt werden.

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz ist ein wichtiger Schritt in Richtung einer inklusiveren Gesellschaft und eines gleichberechtigten Zugangs zu digitalen Angeboten. Die Zukunft hat begonnen, und mit der fortschreitenden Entwicklung der KI stehen wir an der Schwelle zu einer neuen Ära der Digitalisierung, in der Barrierefreiheit und Nutzerfreundlichkeit im Mittelpunkt stehen.

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Matthias Mut

Spielmacher, Teamsportler, KI-Enthusiast - Technik ist mein Ding. Spaß an Entwicklung, Fortschritt & Automatisierung.

srm@falktron.gmbh